Aussitzen bedeutet gemäß dem Duden umgangssprachlich, sich untätig verhalten in der Hoffnung, dass sich etwas Bestimmtes von selbst erledigt.

Die einen machen, handeln, agieren und fackeln nicht lange – die anderen warten erst einmal ab und schauen, wie die Dinge sich entwickeln. Doch ist Aussitzen wirklich eine veritable Strategie, oder ist es nur Ausdruck fehlender Handlungsbereitschaft?

Für Berlins Innensenator Andreas Geisel scheint es eine erfolgversprechende Strategie zu sein! Nachdem der vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossene und von der Senatsverwaltung für Inneres durch Erlass umgesetzte Ausgleichsfonds Schießanlagen durch eine Bewertungskommission nachweislich fehlerhaft umgesetzt wurde, fehlt dem Innensenator offensichtlich jeglicher Willen, notwendige Korrekturen vorzunehmen. Dass ein Handeln gefordert ist, zeigt das Schicksal des Polizeibeamten Werner Sintic, der weniger als 1 1/2 Jahre nach diagnostizierter Krebserkrankung am 30. März 2020 in einem Brandenburger Hospiz verstorben ist (mehr dazu klicken Sie bitte hier). Sein Tod ist im Zusammenhang mit der Schießstandaffäre bei der Berliner Polizei zu sehen, sprach ihm die hochrangig besetzte Bewertungskommission doch die im Erlass festgelegte maximale Ausgleichssumme zu!

Innensenator Geisel äußerte in der Innenausschusssitzung am 21.01.2019 deutlich, „dass wir die Bewertungskommission ausdrücklich gebeten haben, Ausgleiche in der Höhe festzulegen, in der sie bei erfolgreichen Klageverfahren beim Gericht festgelegt würden, sodass wir zu vergleichbaren Ergebnissen kommen.“

Und:

„Weil wir aber schneller Handeln wollen, weil wir die Situation schneller befrieden wollen, weil wir klarmachen wollen, dass wir uns verantwortlich fühlen, zahlen wir vor dem Hintergrund dieser Gefahrensituation entsprechende Ausgleiche.“

Zwei von vielen öffentlichen Aussagen, denen das praktizierte Aussitzen widerspricht!

Ein für den 03.12.2018 terminiertes Gespräch mit betroffenen Dienstkräften und ihren Angehörigen sagte der Innensenator drei Tage vor dem Stattfinden ab. Es wäre Gelegenheit gewesen, das geplante weitere Vorgehen der Innenverwaltung zu kommunizieren.

Gespräch abgesagt!

Ein Nachholtermin konnte für den 13.02.2019 gefunden werden. Bei einem Gespräch im „kleinen Kreis“ machte der Innensenator deutlich, dass das Handeln den Betroffenen überlassen wäre, die zur Durchsetzung ihrer Ansprüche den Klageweg beschreiten müssten (mehr dazu klicken Sie bitte hier).

Korrekturen auf dem Klageweg!

Am 27.02.2019 verfasste eine Mitarbeiterin der Senatsverwaltung für Inneres einen Vermerk, wie mit Beschwerden gegen die Bescheide der Bewertungskommission umzugehen ist: sie seien schlichtweg abzulehnen. In Einzelfällen sollen die Beschwerdeführer auf unbestimmte Zeit vertröstet werden.

Beschwerdeführer vertrösten!

Der Geschäftsstelle Ausgleichsfonds wurden im März und April 2019 die defizitären Bewertungen der Kommission schriftlich erläutert. Die Mitarbeiterinnen Dahlke und Trenner sicherten zu, die Emails an die zuständige Senatsverwaltung weiter zu leiten. Eine Eingangsbestätigung bzw. einen Hinweis, dass die nachvollziehbaren Kritikpunkte geprüft würden, erhielten wir nicht.

Schriftliche Anfragen unbeantwortet!

Eine am 20. März 2019 eingereichte und im September 2019 um weiterführende Fragen ergänzte Petition mit knapp 900 Unterschriften zu den Fehlern bei der praktischen Umsetzung des Ausgleichsfonds wurde bis heute nicht abschließend beantwortet!

Petition nicht abschließend beantwortet!

Der Vereinsvorstand führte diverse Gespräche mit Parlamentariern aller Fraktionen des Berliner Abgeordentenhauses, um Korrekturen fehlerhafter Bescheide zu erreichen. Schriftliche Anfragen verschiedener Politiker an die Senatsverwaltung für Inneres blieben dabei in wichtigen Punkten unbeantwortet. Insbesondere berief sich die Innenverwaltung auf die Unabhängigkeit der Bewertungskommission (mehr dazu klicken Sie bitte hier).

Schriftliche Anfragen unzureichend beantwortet!

Am 05.09.2019 organisierte unser Verein ein Treffen mit Mitgliedern der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), um für ein gemeinsames Vorgehen in der Schießstandaffäre zu werben.

Am 17.10.2019 wurde mit den Landesvorsitzenden Norbert Cioma (GdP), Bodo Pfalzgraf (DPolG) und Daniel Kretzschmar (BDK) bezüglich des Ausgleichsfonds vereinbart, dass sich die Landesverbände geschlossen für die Überprüfungen der Bescheide und ggf. notwendige Korrekturen beim Innensenator einsetzen wollen.

Bis heute passierte unseres Wissens nach nichts! Vereinbarte Gesprächstermine zwischen den Gewerkschaftsvertretern und Andreas Geisel am 10.03.2020 und 26.03.2020 wurden jeweils abgesagt!

Gespräche abgesagt!

Im November 2019 gelangte uns oben genannter Vermerk vom 27.02.2019 zur Kenntnis. Neben den Handlungsanweisungen für Beschwerden gegen Bescheide der Bewertungskommission hatte die zuständige Sachbearbeiterin Frau Kummer erklärt, „…dass eine als Verein organisierte Interessengemeinschaft das Thema mit zum Teil falschen Informationen befeuert, um die Sinnhaftigkeit des Ausgleichsfonds zu hinterfragen.“

Persönliche Anfragen an Frau Kummer am 12.11.2019 und 26.11.2019, ob mit dem beschriebenen Verein B.I.S.S. e.V. gemeint sei und mit welchen falschen Informationen wir das Thema befeuern würden, blieben unbeantwortet!

Schriftliche Anfragen unbeantwortet!

Am 17.12.2019 übergab der Verein eine Fachaufsichtsbeschwerde bei der Innenverwaltung in der Klosterstraße, in der die Formulierungen der Sachbearbeiterin kritisiert wurden und wir um Erklärungen zu genannten Inhalten baten (mehr dazu klicken Sie bitte hier). Wir erhielten bis heute keine Antwort!

Fachaufsichtsbeschwerde unbeantwortet!

Am 09.12.2019 beschäftigte sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses in seiner Sitzung mit dem Thema Schießstandaffäre, Schwerpunkt war auch hier der Ausgleichsfonds. Innensenator Geisel wiederholte die üblichen Aussagen: Einmaligkeit des Ausgleichsfonds, Unabhängigkeit der Bewertungskommission usw..

Angesprochen auf den Inhalt des mehrfach genannten Vermerks, den der Senator mit „Einverstanden“ abgezeichnet hatte, äußerte er nur, „sich die darin enthaltenen Aussagen nicht zu eigen zu machen.“ Eine Entschuldigung für die in dem Vermerk aufgestellten Behauptungen, unser Verein würde falsche Informationen verbreiten, seine Mitglieder millitant, besserwisserisch und ignorant sein, gab es nicht.

Entschuldigung bleibt aus!

Den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, schrieben wir im Jahr 2019 mehrfach an. Wiederholt baten wir den Regierungschef, sich des Sachverhaltes anzunehmen und uns einen Gesprächstermin einzuräumen, um unsere Ansichten darzulegen und insbesondere den inakzeptablen Umgang Senator Geisel’s mit uns zu thematisieren (mehr dazu klicken Sie bitte hier).

Für den 22.01.2020 konnte ein Treffen terminiert werden, an dem auch Innensenator Andreas Geisel teilnehmen sollte. Der sagte kurzfristig ab. Der Fund einer Weltkriegsbombe am Tag zuvor (!) hatte seinen Terminplan derart durcheinander gebracht, dass er an dem rund 1 1/2 stündigen Gespräch mit Dienstkräften seines Verantwortungsbereiches nicht teilnehmen konnte.

Gesprächsteilnahme abgesagt!

Der Regierende Bürgermeister gab den Vereinsvertretern ausreichend Zeit, die verschiedenen Problemfelder (Ausgleichsfond, Dienstunfallanzeigen, Strafverfahren) darzustellen und sagte zu, entsprechende Informationen aus den Verwaltungen einholen und uns innerhalb von vier Wochen entsprechend informieren zu wollen.

Bis heute, rund drei Monate nach dem vertrauensvollen Gespräch, haben wir keinerlei Rückmeldungen erhalten!

Zugesagte Rückmeldungen bleiben aus!

Auf schriftliche Anfragen an die Senatsverwaltung für Inneres am 23.01.2020 und 31.01.2020, ob wegen des Fernbleibens des Innensenators beim Regierenden Bürgermeister Ersatztermine für ein Gespräch mit Andreas Geisel angeboten werden könnten, erhielten wir bis heute keine Antwort!

Schriftliche Anfragen unbeantwortet!
Die „Gespräche sind nicht abgeschlossen“, sagte Innensenator Andreas Geisel im Dezember im Innenausschuss, „…weil wir selbstverständlich als Dienstherren empathisch auf die betroffenen Kolleginnen und Kollegen reagieren.“

Und weiter:

„Ich bin persönlich dort betroffen, und ich bin verdammt angefasst, weil es um Kolleginnen und Kollegen geht, die jahrelang Dienst für ihren Arbeitgeber, das Land Berlin, geleistet haben, und die jetzt mit einer ruinierten Gesundheit dastehen…“

Empathie und Betroffenheit gilt es nicht nur gebetsmühlenartig öffentlich zu predigen, sondern vor allem für in Ausübung ihres Dienstes erkrankte Menschen durch entsprechendes Handeln zu praktizieren. Selbstverursachte Probleme müssen von einem verantwortlichen Dienstherrn angepackt und ausgeräumt und nicht ausgesessen werden!

Die 2015 aufgedeckte Schießstandaffäre hat Gesundheit und Leben gekostet. Sie sollte auch in Zeiten einer weltweiten Krise weiterhin aktiv aufgearbeitet werden. Dazu ist ein deutlicher Kurswechsel des Berliner Innensenators Andreas Geisel notwendig:

handeln statt reden, handeln statt aussitzen!

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